Bau und Nutzung der Kißlegger Tafernwirtschaft zum „Schwarzen Adler“ in der Zeit um 1700

Das Gasthaus zum „Schwarzen Adler“ prägt mit seiner Fachwerkfassade bis heute das Ortsbild von Kißlegg (Abb. 1). Neben dem „Gasthaus zum roten Ochsen“, dem „Gasthaus zum goldenen Löwen“ und dem „Gasthaus zum Hirschen“ war der „Schwarze Adler“ in der Zeit um 1700 wohl die bedeutendste Kißlegger Tafernwirtschaft, was sich im folgenden Beitrag vor allem anhand seiner Nutzungs- und Baugeschichte aufzeigen lässt.

Abb_1_Heutiger Zustand des Gasthaus Goldener Adler
Abb. 1: Blick nach Süden auf die nördliche Giebelseite und westliche Traufseite des ehemaligen Gasthauses „Goldener Adler“ zuvor genannt „Schwarzer Adler“ in Kißlegg (Foto: Philipp Scheitenberger 2016).

In der Zeit um 1704 existierten im herrschaftlichen Marktflecken Kißlegg insgesamt 4 Wirtshäuser.1 Auf dem Grundriss von Kißlegg, der nach dem verheerenden Ortsbrand vom 23.04.1704 als Basis für die Umsetzung des Großbauprojekts von dem aus der Fürstabtei Kempten stammenden Feldmesser Matthias Thanner erstellt wurde, lässt sich die Lage dieser Wirtshäuser nachvollziehen (Abb. 2). Der Standort aller Wirtshäuser war der von Westen nach Osten verlaufende Straßenmarkt Kißleggs. Hier kreuzten sich die Wege, die beispielsweise in die freien Reichsstädte Wangen, Isny und Leutkirch oder in den Marktort Bad Wurzach führten. Der Grundbesitz in dem Marktflecken Kißlegg war um 1700 aufgeteilt zwischen den Grafen zu Friedberg-Trauchburg und den Freiherren zu Schellenberg, was der Ortsplan von Kißlegg aus dem Jahr 1704 verdeutlicht (Abb. 2).1 Beide Herrschaftsteile besaßen jeweils eigene Wirtshäuser im Ort, wie es in der Kartierung der Wirtshäuser in Kißlegg um 1704 deutlich gemacht wurde (Abb. 2). Der „Schwarze Adler“ gehörte als Tafernwirtschaft zum Schellenbergischen Teil der Kißlegger Herrschaft.

Layout2
Abb. 2: Wirtshäuser im herrschaftlichen Marktflecken Kißlegg in der Zeit um 1704 (Philipp Scheitenberger auf Grundlage Ortsplan von Kißlegg 1704; Gesamtarchiv der Fürsten zu Waldburg-Wolfegg-Waldsee in Schloss Wolfegg, WOKi 663).

Für einen Marktort wie Kißlegg waren die Wirtshäuser eine zentrale Versorgungseinrichtung. Hier konnten sich Handelsreisende und Marktbesucher beispielsweise während der vier Kißlegger Jahrmärkte verpflegen und Unterkunft finden.2 Eine gemeinsame Verordnung beider Kißlegger Herrschaften legte dabei genau fest an welchem Jahrmarkt welches Kißlegger Gasthaus die Verpflegung der Jahrmarktsbesucher übernehmen durfte. Das Gasthaus „Schwarzer Adler“ war während des Anfang Oktober stattfindenden Michaeli-Jahrmarktes berechtigt die Marktgänger zu bewirten.2 Der Schellenbergische Wirt, Brauer und Amtmann Antoni Fraßt war zu Beginn des 18. Jahrhunderts prägende Gestalt der Geschichte des „Gasthauses zum  Schwarzen Adler“. Im Jahr 1700 erbte er den Gasthof samt Inventar und Vermögen von seiner Mutter Margreth Fuchsschwanz, was aus einem Vermögensübergabeinventar hervorgeht.3 4 1701 bekam Antoni Fraßt im Rahmen einer Verordnung der beiden Kißlegger Herrschaften die alleinige Braugerechtigkeit für den Ort zugesprochen.5 Dies ergab sich aus dem Umstand, dass Antoni Fraßt zu dieser Zeit der einzige gelernte Brauer in Kißlegg war, und er somit befähigt war die herrschaftliche „[…] primatin concesion […]“5 zum Brauen zu erlangen.5 Die Wirte der übrigen Kißlegger Gasthäuser wurden in diesem Zuge verpflichtet bei Antoni Fraßt das Bier zu kaufen, dass sie in ihren Wirtsstuben ausschenken wollten.5  Neben der Braugerechtigkeit war es den Kißlegger Wirten ebenfalls erlaubt für den Eigengebrauch im Wirtshaus Vieh zu schlachten, und an Jahrmärkten, Sonn- und Festtagen Brot zu backen.5 Bereits ein Jahr nachdem Antoni Fraßt die alleinige Braugerechtigkeit in Kißlegg zugesprochen wurde, beauftragte er 1702 den Bregenzer Baumeister Leonhard Albrecht mit der Entwurfsplanung eines Gasthausneubaus. Die überlieferten Planunterlagen eines repräsentativen Fachwerkgebäudes mit gemauertem Sockelgeschoss (Abb. 3) zeigen im Grundriss anschaulich das Raumprogramm, das zur Bewirtschaftung eines frühneuzeitlichen Gasthauses als Eigenversorgungsbetrieb, in dem Bier-, Fleisch und Brotproduktion, Bewirtung, Beherbergung, Stallungen und Wirtswohnung unter einem Dach untergebracht werden sollten, benötigt wurden (Abb. 4). In Anbetracht der bereits erwähnten Quellenlage zum „Schwarzen Adler“, wird deutlich, dass hierbei der Gasthausneubau im Hinblick auf die Nutzungsanforderungen des Bauherren Antoni Fraßt im Bezug auf seinen Berufstand als Wirt und Brauer von Leonhard Albrecht präzise geplant worden war.

Abb_3_Entwurfsplan Neubau Schwarzer Adler 1702_Fassadenriss
Abb. 3: Farblich ausgelegter Fassadenriss aus den Entwurfsplänen zum Neubau des Wirtshaus zum „Schwarzen Adler“ in Kißlegg aus dem Jahr 1702. Angefertigt von dem Bregenzer Baumeister Leonhard Albrecht für den Kißlegger Wirt Anthoni Fraßt. Der Giebel des Neubaus (rechts im Bild) sollte in Richtung Norden der Kirchgassen zugewendet sein, die Traufseite jedoch nach Osten der Schlossgassen hingewendet sein (Quelle: Gesamtarchiv der Fürsten zu Waldburg-Wolfegg-Waldsee. Bestand Herrschaft Kißlegg. Ortsbrand und Wiederaufbau von Kißlegg 1704. Baumeister Leonhard Albrecht: Entwurfsplan zum Neubau des Wirtshauses zum Schwarzen Adler in Kißlegg 1702. Foto Philipp Scheitenberger 2016).
Abb_4_Entwurfsplan Neubau Gasthaus Schwarzer Adler 1702_Grundriss
Abb. 4: Farblich ausgelegter Grundriss aus den Entwurfsplänen zum Neubau des Wirtshaus zum „Schwarzen Adler“ in Kißlegg aus dem Jahr 1702. Angefertigt von dem Bregenzer Baumeister Leonhard Albrecht für den Kißlegger Wirt Anthoni Fraßt. Unten im Bild Grundriss Kellergeschoss, Bildmitte Grundriss Erdgeschoss und Oben im Bild Grundriss Obergeschoss
Register des 1. Stocks (Kellergeschoss):
1 fenster
2 thüren
3 back ofen
4 Schürr gruoben
5 breüw Kessell (Kessel)
6 brant wein Kesel
7 Küll standen
8 Maltz Thennen
9 Mertzen bür Keller
10 Holtz legge (Lege)
11 Durch undt ein gang
12 gemeiner bürr Keller
13 weinn Keller
14 Bürr Külle (Kühle)
15 Stiegen (Treppe)
Register des andern Stokh (Erdgeschoss)
1 die fenster oder liechter
2 die thürren
3 die wohn stuben
4 die stuben offen
5 der feüer herdt
6 die Kuchell
7 der wasser Stein
8 die Speis Cammer
9 das Cammin auser (aus) dem bräuhaus
10 die Darre (Malzdarre)
11 die Weiche
12 die Kelber Mezg
13 Der Durch gangg
14 Das Würths Stüble
15 undt (Würths) Cammer
16 Stieggen (Treppe)
17 Salz Cammerle
18 gängle in den Hof
19 secret (Plumpsklo)
20 gast ross Stall
21 thenen
22 küe Stall
23 des würths ross Stall
24 die Schwein stell
Register des 3 ten Stock (Obergeschoss)
1 die fenster oder liechter
2 die Thürern
3 der offen (Ofen)
4 die untere auf steigend Cammer
5 große gast Stuben
6 Cammer daran
7 gast Cammer
8 gast Cammer
9 gast stüble
10 unter Cammer
11 durch gehender gang
12 ofen Küchele
13 fisch heüd legge
14 ober Thennen
15 ross heüw (Heu) lege
16 secrete (Plumpsklo)
17 magt Cämerle
18 stiegen
19 Stüble
20 und Cammer
 (Quelle: Gesamtarchiv der Fürsten zu Waldburg-Wolfegg-Waldsee. Bestand Herrschaft Kißlegg. Ortsbrand und Wiederaufbau von Kißlegg 1704. Baumeister Leonhard Albrecht: Entwurfsplan zum Neubau des Wirtshauses zum Schwarzen Adler in Kißlegg 1702. Foto Philipp Scheitenberger 2016).

In einer Häuserliste des Schellenbergischen Teils der Herrschaft Kißlegg aus dem Jahr 1700 wird das alte „Gasthaus zum Schwarzen Adler“ als „[…] bawfällig Hauß […]“6 beschrieben.6 Es verwundert somit kaum, das Antoni Fraßt mit dem Antritt seines Erbes als Wirt und der Verleihung der alleinigen Braugerechtigkeit in Kißlegg einen ansehnlichen Gasthausneubau schaffen wollte, der ihm vor allem auch den rechten Platz zum brauen bieten konnte. Das Belehnungsprotokoll zur Verleihung der Tafernwirtschaft „Schwarzer Adler“ an Antoni Fraßt aus dem Jahr 1701 verdeutlicht das bereits seit 1686, als Antoni Fraßts Vater Antoni mit dem „Schwarzen Adler“ belehnt wurde, bestehende Interesse der Herrschaft Schellenberg einen Neubau des Gasthauses umzusetzen.7 Jedoch wurde im Protokoll erwähnt, dass Antoni Fraßt Senior „[…] merkhlich Sich geschaaiht […]“7 hatte zu bauen.7 Im Rahmen der Neubelehnung des „Schwarzen Adler“ an Sohn Antoni sollte nun endlich ein neues Wirtshaus errichtet werden.7 Hierzu wurden von Seiten der schellenbergischen Herrschaft mit ihm die Bedingungen ausgehandelt.7 Der repräsentative Charakter des geplanten Gebäudes spiegelt sich bereits in dem im Rahmen der Belehnung festgelegten Eigenanteil Anthoni Fraßts an den Baukosten. So sollte er zusätzlich zu dem als finanzielle Bau-Unterstützung der Herrschaft Schellenberg gewährten „[…] starkhen Paw schilling […]“7 einen Geldbetrag von 450 Gulden selbst bezahlen.7 Ob damals mit der praktischen Ausführung des Bauentwurfs von Leonhard Albrecht tatsächlich begonnen werden sollte, stand zunächst im Hinblick auf den sich anbahnenden Spanischen Erbfolgekrieg im Verlauf der Belehnung 1701 zur Frage. So heißt es im Protokoll, dass wenn „[…] aber 2do: Ein krieg werden sollte jedes wegen mit dem gepew nit forth gefahren sollte werden […]“7. Jedoch belegt die als Rötelzeichnung ausgeführte überlieferte Werkplanung zum Neubau des Gasthaus „Schwarzer Adler“, die als praktische Auseinandersetzung der für das Projekt engagierten Handwerker mit dem Bauentwurf von Leonhard Albrecht zu bewerten ist, zumindest archivalisch, dass der Entwurf auch umgesetzt wurde (Abb. 5). Im Bauentwurf (Abb. 3) und der Werkplanung (Abb. 5) verdeutlicht sich zudem in der schräg verlaufenden Darstellung der Unterkante des gemauerten Erdgeschosses der Giebelseite die geplante Ausführung des Gebäudes am zur Pfarrkirche St. Gallus und Ulrich ansteigenden „Kißlegger Kirchberg“ (Abb. 2). Somit erscheint es plausibel, dass das Bauprojekt auch durchgeführt wurde. Der im Zuge der Einquartierung von Truppen im Rahmen des spanischen Erbfolgekrieges ausgelöste Ortsbrand von Kißlegg im Jahr 1704 zerstörte das höchstwahrscheinlich neu erbaute Gasthaus bereits kurze Zeit nach seiner Fertigstellung.8 Hiermit verdeutlicht sich auch wie berechtigt das im Belehnungsprotokoll von 1701 indirekt ablesbare Zaudern der schellenbergischen Herrschaft vor der Durchführung eines kostenintensiven Bauprojekts in Anbetracht des sich ankündigenden Spanischen Erbfolgekrieges war. Sicherlich war in der Zeit um 1700 in Kißlegg die Erinnerung an die negativen Einwirkungen der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, der von 1618 bis 1648 andauerte, noch sehr lebendig. Eine archivisch überlieferte Liste zu den im Jahr 1633 im baumgartischen Teil der Herrschaft Kißlegg durch Kriegseinwirkung abgegangenen Gebäude belegt die immensen Zerstörungen am dortigen ländlichen und innerörtlichen Gebäudebestand.9

Bevor die Tafernwirtschaft „Schwarzer Adler“ am 23. April 1704 vom Brand erfasst wurde, konnte Antoni Fraßt noch rechtzeitig den Großteil seines Besitzes aus dem Haus herausschaffen,8 was ihm im Nachhinein sicher die finanziellen Mittel bot sein Gasthaus auf dem Grundriss des ehemaligen Schellenbergischen Amtshauses, also auf der gegenüberliegenden Straßenseite (Abb. 2), neu zu errichten, was auch anhand einer historischen Liste zu den nach dem Ortsbrand in Kißlegg zu bebauenden Hofstätten belegbar ist.10

Abb_5_Werkplan_Gasthaus_Schwarzer_Adler_1702
Abb. 5: Mit Rötel und Kohle ausgeführter Werkplan zum Neubau des Wirtshauses zum „Schwarzen Adler“ in Kißlegg aus dem Jahr 1702. Angefertigt voraussichtlich von dem für die Bauausführung zuständigen Maurermeister. Der Giebel des Neubaus (rechts im Bild) sollte in Richtung Norden der Kirchgassen zugewendet sein, die Traufseite jedoch nach Osten der Schlossgassen hingewendet sein (Quelle: Gesamtarchiv der Fürsten zu Waldburg-Wolfegg-Waldsee. Bestand Herrschaft Kißlegg. Ortsbrand und Wiederaufbau von Kißlegg 1704. WoKi 663. Werkplan zum Neubau des Wirtshauses zum Schwarzen Adler in Kißlegg 1702; Foto: Philipp Scheitenberger 2016).

Ausschlaggebend für diesen Wechsel der Hofstelle innerhalb des Ortes waren wohl die trotz des Brandes gut erhaltenen Gewölbekeller des Amtshauses, die nach Antoni Fraßts Aussage „[…] bequemblich zum bier breüen […]“11 gewesen sein müssen. In einer Auflistung der Frohnarbeiten, die durch die Kißlegger Untertanen während des Wiederaufbaus der Ortschaft nach der Brandkatastrophe von 1704 geleistet werden mussten, findet sich die Angabe, dass Antoni Fraßt vom 18. September 1704 bis in den Herbst 1705 zur Ausführung seines Hausbaus von der Frohn freigelassen wurde.12 In diesem Jahr wurde das bis heute in Kißlegg erhaltene „Gasthaus zum Schwarzen Adler“ in offensichtlicher Anlehnung an die zwei Jahre zuvor angefertigten Entwurfspläne des Bregenzer Baumeisters Leonhard Albrecht errichtet (Abb. 1, Abb. 3 und Abb. 5). Dies lässt sich auch anhand überlieferter Baupläne belegen, die eine Planung des Neubaus der Tafernwirtschaft auf dem ungleichmäßigen bestehenden Grundriss des einstigen schellenbergischen Amtshauses (Abb. 6), der ebenso auch auf dem Ortsplan von Kißlegg aus dem Jahr 1704 dargestellt wurde (Abb. 2).

Abb_6_Werkplan_Gasthaus_Schwarzer_Adler_1704
Abb. 6: Mit Rötel und Tusche ausgeführter Bauentwurfsplan für den Neubau des Gasthaus „Schwarzer Adler“ auf dem verschachtelten Grundriss und Baurelikten des durch den Ortsbrand von 1704 zerstörten schellenbergischen Amtshauses in Kißlegg (Quelle: Gesamtarchiv der Fürsten zu Waldburg-Wolfegg-Waldsee. Bestand Herrschaft Kißlegg. Ortsbrand und Wiederaufbau von Kißlegg 1704. WoKi 663. Bauplanung zur Wiedererrichtung des Gasthaus zum „Schwarzen Adler“ nach dem Ortsbrand von 1704 auf dem Grundriss des ehemaligen schellenbergischen Amtshauses; Foto: Philipp Scheitenberger 2016).

Vergleicht man die Bauplanung von Leonhard Albrecht aus dem Jahr 1702 (Abb. 3) mit der heutigen Erscheinung des „Gasthaus zum Goldenen Adler“, wie es inzwischen bezeichnet wird, zeigen sich was das Fachwerkgefüge der Giebelfassade betrifft, auch ohne die an dieser Stelle ausgesparte ausführliche Besprechung detaillierter Holzgefügemerkmale, deutliche Parallelen zwischen dem historischen Bauentwurf und dem bis heute überlieferten Baubestand des Wirtshauses.

Das archäologische Funde unser Wissen über die häuslichen Wirtschaftsbedingungen in oberschwäbischen Gasthäusern des 18. Jahrhunderts erweitern können, beweist der bei Erdarbeiten in einem ehemaligen Gasthaus in Rempertshofen zum Vorschein gekommene als großer Ziegelblock mit konkaver schüsselförmiger Einbuchtung ausgeführten Rest eines Spülsteins (Abb. 7), der einst mit großer Sicherheit in der Küche dieses Wirtshauses eingebaut gewesen war. Ein ähnlicher Spülstein wurde auch in dem Entwurf von Leonhard Albrecht für den Neubau des „Schwarzen Adlers“ in der für das Erdgeschoss vorgesehenen Küche eingeplant (Abb. 4). Im Plan wird der Spülstein jedoch als „[…] 7 der wasser stein […]“13 bezeichnet. Die Ableitung des Spülwassers erfolgte mit hoher Wahrscheinlichkeit über ein durch die Mauer hindurchreichendes Rohr direkt auf die Herrenstraße.

Abb_7_Archäologischer Fund eines Spülsteinfragments in einem ehemaligen Gasthaus in Rempertshofen
Abb. 7: Bei Bodenaushubarbeiten in einem ehemaligen Gasthaus in der Ortschaft Rempertshofen zu Tage gefördertes Fragment eines als Ziegel ausgefertigtem Spülsteins, der höchstwahrscheinlich aus dem 18. Jahrhundert stammt (Foto: Philipp Scheitenberger 2017).

Mit den hiermit aufgezeigten historischen Bedingungen der baulichen Genese dieses Gasthauses und der Fülle an Wissen, das sich aus der Quellenüberlieferung zum Gebäude und seiner Bewirtschaftung erschließen lässt, offenbart sich der „Schwarze Adler“ ohne Zweifel als eine Ikone des Gasthausbaus und -bewirtschaftung des 18. Jahrhunderts im Landkreis Ravensburg (Abb. 1), was auch in denkmalpflegerischer Hinsicht im Rahmen einer zukünftigen baulichen Entwicklung des Gebäudes bedacht werden sollte. Hierbei sollte auch der Erforschung und Dokumentation der vermutlich spätmittelalterlichen Baurelikte des ehemaligen Schellenbergischen Amtshauses im Keller- und Erdgeschoss des Hauses Rechnung getragen werden.

Endnoten

1 Vgl.: Gesamtarchiv der Fürsten zu Waldburg-Wolfegg. Bestand Herrschaft Kißlegg. Ortbrand und Wiederaufbau von Kißlegg 1704. WoKi 663. Feldmesser Mathias Thanner: Specification aller deren zu Kißlegg Inn dem grundt gerissenen Hofstätten undt anderer beyligendten Stueken, 28 t Juny A d 1704.

2 Vgl.: Gesamtarchiv der Fürsten zu Waldburg-Zeil. Bestand Herrschaft Kißlegg. ZAKi 521. Verordnung betreffend die Kißlegger Jahrmärkte. Um 1700.

3 Vgl.: Gesamtarchiv der Fürsten zu Waldburg-Wolfegg. Bestand Herrschaft Kißlegg. WoKi F273. Inventarium und Abtheilung über Antoni Frasten Schwartzadler Wirthsherr zue Kißlegg. Vermögen, Schulden, und verlohrnen posten. Anno 1700.

4 Vgl.: Weiland, Thomas: Häuserbeschreibung des Gasthaus zum Goldenen Adler – Ehemals Kißlegg Schellenbergische Tafernwirtschaft. Kißlegg 2016.

5 Vgl.: Gesamtarchiv der Fürsten zu Waldburg-Zeil. Bestand Herrschaft Kißlegg. ZAKi 185. Gemeinherrschaftl. Kißleggl. Verordnungen. de anno 1701. Das Mezgen, backen, und Pierbräuen betrefend.

6 Gesamtarchiv der Fürsten zu Waldburg-Wolfegg. Bestand Herrschaft Kißlegg. Prothocollum welchergestallten gesambter underthonen Heüser, Städl und zugehör in augeschein genommen und solche an gepew auch sonsten erfunden worden. Anno 1700.

7 Vgl.: Gesamtarchiv der Fürsten zu Waldburg-Wolfegg-Waldsee. Bestand Herrschaft Kißlegg. WoKi ad 3901. Belehnungsprotokoll des Antoni Fraßt Schwarzadlerwirt zu Kißlegg 1701.

8 Vgl.: Gesamtarchiv der Fürsten zu Waldburg-Wolfegg. Bestand Herrschaft Kißlegg. Ortsbrand und Wiederaufbau von Kißlegg 1704. WOKi 663. Verzeichnuß verbranndter Heüser hochfreyherrl Schellenbergl. seits. April 1704.

9 Vgl.: Gesamtarchiv der Fürsten zu Waldburg-Zeil-Trauchburg. Bestand Herrschaft Kißlegg. ZaKi 385. Verzeichnuß waß leider Anno 1633 in der Herrschaft Kißlegg für Häußer abgegangen seindt.

10 Vgl.: Gesamtarchiv der Fürsten zu Waldburg-Wolfegg. Bestand Herrschaft Kißlegg. Ortsbrand und Wiederaufbau von Kißlegg 1704. WoKi 1914. Notamina. Betreffend die Hofstätt zue Kißlegg, auf welche zubauen, oder nit zuebauen seye. Notata d 8. July 1704.

11 Vgl.: Gesamtarchiv der Fürsten zu Waldburg-Wolfegg. Bestand Herrschaft Kißlegg. Ortsbrand und Wiederaufbau von Kißlegg 1704. WOKi 1914. Vorhaltung denen Kißleggl. Innwohneren. Betreffend das pauweßen, und wie eine so anders derentwegen zuveranstalten sein möchte. De dato 27. Apr. 1704.

12 Vgl.: Gesamtarchiv der Fürsten zu Waldburg-Wolfegg-Waldsee. Bestand Herrschaft Kißlegg. Ortsbrand und Wiederaufbau von Kißlegg 1704. WoKi 1914. Examinatio die Frohn zu Kißlegg, seithero die Brunst betreffend auch was ein ieder in Anlaagen von freyheit genoßen 1705.

13 Gesamtarchiv der Fürsten zu Waldburg-Wolfegg-Waldsee. Bestand Herrschaft Kißlegg. Ortsbrand und Wiederaufbau von Kißlegg 1704. Baumeister Leonhard Albrecht: Entwurfsplan zum Neubau des Wirtshauses zum Schwarzen Adler in Kißlegg 1702.

 

Autor: Philipp Scheitenberger

Veröffentlicht am 22.08.2018

Bild- und Textrechte liegen beim Autor, wenn nicht anders angegeben.

Publikation der fotografierten Archivalien erfolgte durch Erlaubnis des Gesamtarchivs der Fürsten zu Waldburg-Wolfegg-Waldsee in Schloss Wolfegg. Die Rechte an den Archivalien-Fotos liegen beim Fürstlichen Haus Waldburg-Wolfegg-Waldsee.

 

3 Kommentare

  1. Sehr geehrter Herr Scheitenberger,

    es ist Ihnen sicher bekannt, dass ich vor einigen Jahren ein Wirtshausschild mit einem „Schwarzen Adler“ entdeckt habe. Dieses Schild ist seither nicht ganz genau zuzuordnen, da es bis vor ca. 60 oder 70 Jahren nochmals in Kißlegg eine Wirtschaft „Schwarzer Adler“ gab. Das Schild ist heute im Amtsbüro von BM Krattenmacher. Vor einigen Jahren hat er zu mir gesagt, dass dieses Schild nach der Renovierung am Gebäude in der Herrenstraße wieder angebracht wird.

    Ihre Dokumentation ist super.

    Vielen Dank und
    viele Grüße

    Heinz Linder

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  2. Sehr geehrter Herr Linder,

    ja, dann braucht das Schild ja bald nicht mehr in benanntem Büro hängen.
    Hier wäre mehr Einsatz für den Erhalt des Adlers wünschenswert.
    In so einem Fall kann nur ein Herz in der Brust für den Erhalt des Adlers schlagen.

    Vielen Dank für das Lob.

    Freundliche Grüße
    Philipp Scheitenberger

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